Friday 6 November 2009

Asiatische Mühen mit den Menschenrechten

Der Asean-Gipfel in Thailand vermeidet konkrete Aussagen zu Burma
Die Teilnehmer am Asean-Gipfel in Thailand haben das Thema Burma umgangen und einen zahnlosen Menschenrechtsrat ins Leben gerufen. Beim Treffen mit asiatisch-pazifischen Ländern wurden Visionen der wirtschaftlichen Integration entworfen.

Kurt Pelda, Bangkok

Das Beste am 15. Gipfel der Association of South East Asian Nations (Asean) war vielleicht, dass das Treffen im thailändischen Badeort Hua Hin überhaupt ungestört über die Bühne gegangen ist. Beim letzten Versuch im April waren die versammelten Regierungschefs nämlich Opfer der Krise geworden, die das angebliche Land des Lächelns seit rund drei Jahren heimsucht: Anhänger des 2006 vom Militär gestürzten Premierministers Thaksin Shinawatra, die sogenannten Rothemden, stürmten das Konferenzzentrum, worauf einige der ausländischen Politiker mit Booten und Helikoptern flüchten mussten.

Grosses Sicherheitsaufgebot
In Hua Hin sorgten dagegen rund 18 000 Polizisten und Soldaten mit Dutzenden von gepanzerten Fahrzeugen dafür, dass sich ein solches Debakel nicht wiederholte. Die Rothemden hatten vor dem Treffen in Hua Hin überdies angekündigt, dass sie den Gipfel nicht zu stören beabsichtigten.

Das, was von den Gesprächen der zehn Asean-Mitgliedsstaaten nach aussen drang, war dagegen alles andere als erhebend. So wurde, wie bereits kurz berichtet, ein Menschenrechtsrat ins Leben gerufen. Doch stellte man dafür gerade einmal 200 000 Dollar zur Verfügung. Welche Art von Menschenrechtsrat den Asean-Staaten wohl vorschwebt, wurde schnell klar. Eine Reihe von Menschenrechtsaktivisten aus der Region wurde nämlich von geplanten Gesprächen mit Regierungsvertretern ausgeschlossen – unter anderem auf Betreiben von Burma und Singapur.

Vor dem Gipfel hatten vor allem Vertreter Indonesiens und Thailands durchblicken lassen, dass die Asean Burma auffordern könnte, die unter Hausarrest stehende burmesische Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi freizulassen. In Hua Hin wurde das Thema Burma und Suu Kyi jedoch auffällig gemieden. Am Wochenende, als Regierungsvertreter aus Japan, China, Südkorea, Indien, Australien und Neuseeland zu den Gesprächen stiessen, kamen aus japanischen Kreisen Hinweise auf ein mögliches Einlenken der Burmesen. Diese hätten am Gipfel erklärt, man könne sich bei entsprechendem Wohlverhalten Suu Kyis vorstellen, deren Hausarrest zu lockern. Von Freilassung war allerdings keine Rede.

Solche Wortmeldungen sind nicht nur sehr vage, sie sind auch nicht wirklich neu. Darum hat man auch eine Vorstellung, was unter dem zitierten Wohlverhalten zu verstehen ist: Burma möchte, dass die westlichen Staaten, allen voran die USA, ihre Sanktionen gegen den Paria-Staat aufheben, und dass sich Suu Kyi für solche Schritte starkmacht. Washington hat seine Politik gegenüber der Junta bereits insofern geändert, als man eine Aufweichung der Sanktionspolitik im Gegenzug für demokratische Fortschritte ins Auge fasst. Zu diesen gehört auch das Ende von Suu Kyis Hausarrest. Die Oppositionsführerin hat in einer Abkehr von früheren Äusserungen den neuen Dialog der USA mit der Junta und eine mögliche Lockerung des Boykotts begrüsst.

Der japanische Ministerpräsident Yukio Hatoyama warb für seine Vision einer am Modell der EU orientierten East Asian Community (EAC), in der neben den Asean-Staaten auch sechs asiatisch-pazifische Nicht-Asean-Mitglieder Platz hätten. Die Asean begrüsste die japanische Initiative, doch werfen die Pläne für eine wirtschaftliche und politische Gemeinschaft mehr Fragen auf, als sie beantworten.

Australiens Premierminister Kevin Rudd sprach von einer asiatisch-pazifischen Gemeinschaft, die es im besten Fall bis zum Jahr 2020 aufzubauen gelte. Welche Staaten genau dazugehören sollen, liess er aber offen. Damit stellt sich vor allem die Frage, welche Rolle den Amerikanern zugedacht ist. In der derzeitigen losen Vereinigung der Asia Pacific Economic Cooperation (Apec) sind die USA neben anderen nord- und südamerikanischen Staaten sowie Russland vertreten. Für Hatoyama könnte die Apec die geplante ostasiatische Gemeinschaft ergänzen.

Allerdings ist der Freihandel schon innerhalb der vergleichsweise engen Grenzen der Asean-Mitgliedsstaaten – mit gesamthaft 600 Millionen Menschen – keine einfache Sache. Wie eine viel grössere und politisch sowie wirtschaftlich extrem unterschiedliche Vereinigung mit Armenhäusern wie Burma und Laos auf der einen und Australien sowie Neuseeland auf der andern Seite funktionieren soll, bleibt vorerst das Geheimnis der Visionäre. Wie schwierig allein die schrittweise wirtschaftliche Integration ist, zeigt sich bereits im Kleinen, zum Beispiel beim Streit zwischen Thailand und den Philippinen um die Höhe der Zölle auf Reisimporte. Dieser Zank droht, den Abschluss weiterer Handelsabkommen zu verzögern.

Skurriler Schlagabtausch
Eher im Bereich des Skurrilen bewegte sich dagegen der Schlagabtausch zwischen dem kambodschanischen Regierungschef Hun Sen und dessen thailändischem Kollegen Abhisit Vejjajiva. Hun Sen provozierte mit der Aussage, Kambodscha sei nicht nur bereit, dem gestürzten thailändischen Premierminister Thaksin Asyl zu gewähren, sondern werde ihm auch einen Posten als Regierungsberater in Wirtschaftsfragen anbieten. Darüber hinaus verstieg er sich dazu, Thaksin mit Burmas Suu Kyi zu vergleichen. Das wiederum forderte einen einigermassen empörten Protest von Abhisit heraus. In jedem Fall sind die Asean-Staaten noch weit von echter wirtschaftlicher und politischer Integration entfernt.

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